
Virtuelle IBANs
Virtuelle IBANs (vIBANs) sind ein zunehmend genutztes Instrument im Zahlungsverkehr, insbesondere im Kontext von Zahlungsdienstleistern (Payment Service Providers – PSPs). Sie ermöglichen die Zuordnung eingehender Zahlungen zu einzelnen Endkunden, Projekten oder Transaktionen – ohne dass jedes Mal ein eigenes Zahlungskonto eröffnet werden muss. Doch die scheinbare Effizienz birgt auch erhebliche Risiken – für die Geldwäscheprävention, die Aufsicht und den Verbraucherschutz. Die BaFin hat daher bereits 2020 eine Allgemeinverfügung erlassen, die eine klare Pflicht zur Speicherung dieser IBANs im Kontendateisystem gemäß § 24c Abs. 1 KWG vorschreibt. Die EBA (European Banking Authority) bestätigt diese Maßnahmen nun im Detail – in ihrem Bericht „EBA/Rep/2024/08“ vom Mai 2024.
Was ist eine virtuelle IBAN?
Die BaFin definiert virtuelle IBANs wie folgt (Auszug aus der Allgemeinverfügung vom 08.12.2020):
„Virtuelle IBANs im Sinne dieser Verfügung sind internationale Bankkontonummern mit der Länderkennung DE, die Kreditinstitute an Zahlungsdienstleistungsunternehmen zur Weitergabe an deren Endkunden zur eigenen Nutzung im Zahlungsverkehr ausgeben.“
Im Hintergrund dieser IBAN existiert keine individuell auf den Endkunden lautende Kontoverbindung beim Kreditinstitut, sondern die Zahlungen werden einem sogenannten Master-Konto des Zahlungsdienstleisters gutgeschrieben, das wiederum mit dem Kundenkonto beim PSP verknüpft ist. Die vIBAN wird also genutzt, um Zahlungen umzuleiten, nicht um ein eigenes Konto zu führen.
Warum müssen Kreditinstitute vIBANs speichern?
Die BaFin verpflichtet Kreditinstitute zur Speicherung der vIBANs im Sinne von § 24c Abs. 1 KWG, weil diese in der Praxis wie Zahlungskonten im Sinne des § 154 AO fungieren.
Die wichtigsten Gründe:
- Dritte (z. B. Zahler) nehmen an, dass sie auf ein „richtiges Konto“ bei dem Institut leisten.
- Es entsteht ein aufsichtlich relevanter Rechtsschein, der dem Kreditinstitut zuzurechnen ist.
- Die Zuordnung zu einem bestimmten Institut, Rechtsraum und Endkunden ist nur möglich, wenn die IBAN ordnungsgemäß gespeichert wird.
- Ohne Speicherung besteht erhebliches Missbrauchsrisiko, z. B. bei Corona-Soforthilfebetrug, Umsatzsteuerverkürzung oder Terrorismusfinanzierung.
Die BaFin sieht die Nichtspeicherung als massiven Verstoß gegen das Prinzip der Kontenklarheit und Kontenwahrheit.
Was sagt die EBA zu virtuellen IBANs?
Im EBA-Bericht „EBA/Rep/2024/08“ vom Mai 2024 wurden erstmals EU-weit umfassende Erkenntnisse zu vIBANs veröffentlicht. Die EBA stellte fest:
Hauptprobleme laut EBA
- Kein EU-weit einheitlicher Begriff für vIBANs.
- Divergierende Auffassungen nationaler Aufsichtsbehörden zur rechtlichen Einordnung.
- Intransparenz über die Nutzer (wirtschaftlich Berechtigte) und den tatsächlichen Zahlungspfad.
- AML/CFT-Risiken, da PSPs oft nicht wissen, wer Endnutzer der vIBANs ist.
- Verbraucherrechtliche Schutzlücken, z. B. bei Einlagensicherung, Vertragsklarheit oder Reklamationen.
- Gefahr des regulatorischen Arbitrage, besonders bei grenzüberschreitender Vergabe.
EBA-Empfehlungen
- Klare Definition von vIBANs im europäischen Recht (u. a. in der neuen AML-Verordnung).
- Stärkere AML-Aufsicht über Geschäftsmodelle mit vIBANs.
- Pflicht zur Endkundenidentifikation (Art. 18(2a) AMLR: 5-Tage-Regel).
- Bessere Koordination von NCAs (Aufsichtsbehörden) bei Passporting- und grenzüberschreitenden Geschäftsmodellen.
Die Speicherungspflicht für virtuelle IBANs gemäß § 24c KWG ist nicht nur eine nationale Besonderheit, sondern entspricht zunehmend dem, was EU-weit gefordert wird. Kreditinstitute müssen sich auf eine verstärkte Überwachung und strengere Anforderungen einstellen – sowohl durch die BaFin als auch durch EU-Aufsichtsorgane wie die EBA. Wer virtuelle IBANs vergibt oder verarbeitet, muss sicherstellen, dass sämtliche Daten vollständig, korrekt und rückverfolgbar gespeichert sind – inklusive der Endkundenidentität.
Quellen: